Petra Friedrich und Charlotte Holly beim Montafon Totale Trail

Aus der Westerwälder Zeitung vom 22.06.2019. Von Marco Rosbach.

Die Leichtigkeit des Laufens am Berg: Petra Friedrich aus Staudt erreicht beim Montafon Totale Trail als dritte Frau das Ziel

Wenn Petra Friedrich aus Staudt von ihrem Start beim Montafon Totale Trail erzählt, hat das etwas ganz Leichtes. Die Schmerzen seien noch da, sagt sie und lacht. Aber das Glücksgefühl, es geschafft zu haben, überwiege alles. Der Blick auf die Zahlen zeigt: Von leicht kann bei diesem Extremlauf keine Rede sein.

Dass sie Chancen haben würde, bei der Siegerehrung eines dieser in Holz eingelassenen Reliefs mit der Nummer 1 in Empfang nehmen zu dürfen, hätte die Ausdauersportlerin der RSG Montabaur vor dem Start selbst nicht gedacht. Alles andere als nach Plan sei die Vorbereitung gelaufen. Das Höhentraining beschränkte sich auf Läufe zum Köppel und dem nahegelegen Malberg, mit alpinen Trails, wie es sie im Montafon gibt, hat das nichts zu tun. „Dann musste ich kurz vorher auch noch ein Antibiotikum nehmen“, erzählt Petra Friedrich. „Das war nicht optimal.“ Daran, den geplanten Start abzusagen, dachte sie aber nie.
„Diesmal sollte es sein“, sagt sie und blickt dabei zwei Jahre zurück. Damals war die Staudterin zum ersten Mal im Montafon am Start, absolvierte die mit 33 Kilometern etwas kürzere Distanz. „Für mich stand gleich fest, dass ich zurückkommen werde, um die 47 Kilometer zu laufen.“ Den Plan, es 2018 auf der langen Strecke zu probieren, durchkreuzte dann aber der eigene Bruder – er heiratete just an diesem Tag.
Petra Friedrich hat etliche Wettkämpfe in den Beinen, weiß genau, was es braucht, um einen Marathon zu schaffen. Als sie vor zwei Jahren nach 6:39 Stunden die 33 Kilometer absolviert hatte, sprach sie vom „härtesten Lauf überhaupt“. Jetzt weiß sie: Es geht noch härter.
Was morgens Punkt sieben bei Glockenschlag an der Kirche in Schruns noch idyllisch beginnt, entwickelt sich schnell zum Kampf gegen Körper und Geist. Von 700 Metern über dem Meeresspiegel geht es gleich hinauf auf 2400 Meter, von null auf hundert, könnte man sagen. Auf dem Rücken tragen die Starter Rucksäcke mit Wasser, um den enormen Flüssigkeitsverlust ausgleichen zu können, der ihnen in den folgenden Stunden zu schaffen macht. In den Händen halten sie spezielle Stöcken.
„Die erleichtern das Laufen an den Anstiegen und fangen ein bisschen was ab, wenn es wieder bergab geht“, erklärt Petra Friedrich, die das stete Auf und Ab genau wie alle anderen an die Grenze des Machbaren führt.
„Man läuft fast ausschließlich alpine Steige“, sagt sie. „Es lag noch jede Menge Schnee, teilweise waren sogar Stufen ins Eis geschlagen.“ Und an manchen Stellen müssen die Läufer Skipisten meistern – sowohl bergauf als auch bergab. Andere seien auf dem Po gerutscht, sie selbst habe versucht, mithilfe der Stöcke in eine Art Skifahrerposition zu kommen und auf den Laufschuhen zu gleiten.


Sieben Labestationen zur Verpflegung gibt es auf dem Weg zum Valisera Hüsli, wo das Ziel liegt. Labestation, das klingt niedlich. Doch von Kilometer zu Kilometer wird das Rennen härter. Auch Petra Friedrich muss das erkennen.
Das Streckenprofil verläuft in Wellen. Vom früh erreichten höchsten Punkt geht es runter auf 1800 Meter, dann zurück auf 2300 Meter und wieder hinab auf 800 Meter – ehe die nächsten Anstiege warten. Diese ständig wechselnden Belastungen zeigen Wirkung. Bei Kilometer 22 quälen Krämpfe die Muskulatur im Oberschenkel, dann knickt die in Franken aufgewachsene und längst im Westerwald heimisch gewordene Athletin auch noch um. „Wie sollst du das durchstehen?“, sei es ihr durch den Kopf geschossen. „Das war das mentale Tief, wie es bei einem Marathon vielleicht bei Kilometer 37, 38 kommt“, sagt Petra Friedrich
Halt für den schmerzenden Knöchel geben die Kompressionsstrümpfe, die das Gelenk fest packen. Stärke für den Kopf gibt die Landschaft. „Das ist ein Traum“, sagt die Staudterin mit etwas Abstand. An einer Weggabelung, an der sich die Läufer für die 33 oder die 47 Kilometer entscheiden müssen, steht für sie fest: Dieses Rennen ist eine Frage des Willens. Und sie will die lange Distanz schaffen.
Am Ende zählt sie die noch verbleibenden Höhenmeter runter, dann sieht sie kurz vor dem Ziel ihren Mann, danach die beiden Töchter und ihre Eltern. Jetzt hat es Petra Friedrich geschafft. Was hinter ihr liegt, erscheint plötzlich ganz leicht.

Charlotte Holly über 33 Kilometer sechstschnellste Frau

Gleich zweimal taucht die RSG Montabaur in den Ergebnislisten des Montafon Totale Trails auf. Neben Petra Friedrich war auch Charlotte Holly mit dabei. Die Sportlerin aus Niederelbert wollte eigentlich zusammen mit ihrem Vater, RSG-Urgestein Robert Hofmann, in Schruns an den Start gehen. Doch daraus wurde nichts, Hofmanns Meniskus durchkreuzte die gemeinsamen Pläne. Holly, inzwischen in München zu Hause, startete alleine und traf unterwegs immer wieder auf ihre Vereinskollegin Petra Friedrich. Während diese die 47 Kilometer absolvierte, wählte Holly die 33 Kilometer lange Distanz und erreichte in der Zeit von 6:18:04,9 Stunden als sechste Frau das Ziel.

Kommentare sind geschlossen.